Schwerpunkte und Ziele

Unser Bild vom Kind

Wir sehen Kinder als gleichwertige und vollwertige Mitmenschen unserer Gemeinschaft. Durch ihre
Entwicklungsstände und ihr Recht auf Bildung rücken sie in unseren Mittelpunkt. Jedes Kind ist dabei
einzigartig, bringt individuelle Kompetenzen und Bedürfnisse mit, Talente und Stärken, aber auch
Fragen, auf die es Antworten sucht.

Wir vertrauen dem Kind, denn es bildet sich selbst. Wissbegierig und mit offener Neugier eignen sich
Kinder Kompetenzen und Wissen über die Welt an. Dies geschieht in einem eigenen Lerntempo. Mit
allen Sinnen entdeckt und erforscht es seine Welt, sucht Antworten auf Fragen und entwickelt so seine
individuellen Dispositionen weiter.

Doch Kinder sind auch Teil einer Peergroup und verfügen über ausgeprägte Kooperationsbedürfnisse.
Sie sind soziale Wesen und auf eine liebevolle Zuwendung, Anerkennung und Wertschätzung von
anderen angewiesen.

Um sich den Bildungsmöglichkeiten öffnen zu können, braucht es Sicherheit durch verlässliche
Beziehungen zu Erwachsenen und zu anderen Kindern. Diese Gegenüber ermöglichen dem Kind die
Herausbildung seiner eigenen Identität.

Kinder sind zudem spontan, ideenreich und kreativ. Sie können in einer Sache voll und ganz aufgehen,
versunken sein, den „flow erleben“ (Csikszentmihalyi, 2018). Denn für Kinder ist die Welt voller Ideen,
Möglichkeiten und Gefühle. Sicher gebunden gehen sie mutig auf Neues zu und handeln spontan nach
ihrem Empfinden. Es wird nicht schwer sein, ihr „Lernen zu feiern“, denn sie lassen uns Erwachsene oft
an ihrer Fröhlichkeit teilhaben, lassen uns immer wieder staunen über ihre Kreativität und Fantasie.
Und zuweilen mögen Kinder uns rätselhaft erscheinen, aber allemal ist es wert- und wundervoll, sich
dieser Rätsel anzunehmen. Nehmen wir uns Kinder zum Vorbild, werden wir wissbegierig und
fürsorgend sein, diese Rätsel anzunehmen, Fragen zu formulieren und kreative Antworten zu finden.
Unser Bild vom Kind zeigt, wie unerlässlich es ist, es ernst zu nehmen und wie selbstverständlich es ist,
es zu beteiligen. Es ist nicht „unser Kindergarten“, den wir für sie betreiben, sondern es ist „ihr
Kindergarten“, der mit ihnen gemeinsam jeden Tag neu belebt und gestaltet wird. Teilhabe, sprich
Partizipation, ist aus unserem Grundverständnis nicht wegzudenken.

Bildungs- und Lerngeschichten

Die Bildungs- und Lerngeschichten des Naturkindergartens gehen auf die „learning stories“ nach
Margaret Carr zurück. Dieser Ansatz ist als pädagogisches Konzept und Beobachtungsverfahren in einem
zu verstehen. Hier werden Kinder als kompetente und selbstbewusste Lernende gesehen, die gestärkt
werden mit Anforderungen des Lebens umzugehen (Leu & et al, 2015). In selbstgewählten
Spielsituationen werden die Kinder unvoreingenommen und ressourcenorientiert beobachtet, um auf
dieser Grundlage einen Dialog mit ihnen, den Eltern und den Pädagogen über ihre Interessen und
Bildungsprozesse führen zu können. Lerngeschichten verbildlichen mit Schrift und Fotografie, wie das
Kind wahrgenommen wurde.

Die Naturpädagogik

Das Freispiel findet den Großteil des Tages draußen statt. Die Kinder entwickeln in der Natur eine
emotionale Basis und ein tiefes Verständnis für die Welt. Das Kind lernt aus erster Hand und erlebt den
Jahres- und Naturkreislauf authentisch und hautnah mit.

Das Kind „wird seine Erfahrungen, seine Wissenszuwächse einbetten
in die Düfte des Frühlings,
die Farbenpracht des Sommers,
die Gaben des Herbstes
und den Schmerz kalter Finger im Winter.“

(Miklitz, 2015, S. 62)


Jedenfalls tarieren die Kinder in unfertigen Situationen ihre Balance aus zwischen Wagnis und Sicherheit,
zwischen Festhalten und Loslassen. Der Naturraum ist ursprünglich und kaum von Menschen gestaltet.
Sie lädt zum unbeschwerten Spiel ein und bietet Material, das nicht explizit ist. Ist ein Stock ein Schwert,
ein Zauberstab, ein Kochlöffel, ein Kran, ein Stift, ein Bogen, ein Instrument oder ein Brennstoff?

In der Auseinandersetzung mit kosmischen Themen wird deutlich werden, wie wichtig es für uns
Menschen ist, für eine echte Nachhaltigkeit zu sorgen. Kinder lernen beim Pflanzen, Anziehen, Pflegen,
Ernten und Verarbeiten von Lebensmitteln, welche Zusammenhänge und Wechselwirkungen es gibt.